von Rashot » 05.03.2015, 13:44
Prolog (Kurzfassung)
Gar’Thok stieß die alte, wuchtige Tür hinter sich an, als er in den Raum trat. Das widerspenstige Ding ächzte und viel knarrend ans Schloss. Der Türriegel dem Versuch, die Tür zu schließen, dem alten Ork seinen klirrenden Widerwillen auf, in dem er die Tür wackelnd und polternd zurückstieß. Gar’Thok ließ die erlegten Hasen auf den Boden fallen, um sich nun vollends dem vermaledeiten Schließen dieser alten, rissigen Tür zu widmen.
Von draußen peitschte der eisige Wind von Winterspring erbarmungslos gegen die alte Hütte, wild heulend, als wolle dieser den letzten Unterschlupf des alten Orks endlich zu Fall bringen. Feiner Schneestaub wirbelte durch den offenen Türspalt und die Kälte versuchte sich in der Hütte auszubreiten. Er blickte über seine Schulter zurück auf das, was er nun als sein Heim bezeichnete: Eine heruntergekommene, alte Steinhütte, welche mindestens siebzig Jahre alt sein musste. Das Dach war notdürftig geflickt. Im Sommer ließ es regelmäßig Regenwasser hindurch, im Winter vermochte der stinkende Rauch der offenen Feuerstelle kaum abzuziehen. Vermutlich hatte diese Hütter beinahe genauso viele Winter erlebt wie er. Sein Blick schweifte durch den kleinen Raum. Das kleine Strohbett, eine Kanne mit Wasser, welches kurz davor war zu gefrieren. Ein schäbiger, einfacher Holztisch, an dem man in diesem Raum gerade so zu dritt sitzen konnte. In einem kleinen Regal an der dem Bett gegenüberliegenden Seite lagen ein paar Kräuter, Pflanzen und diverse Messer, welche Gar’Thok überwiegend zum Ausnehmen der Jagdbeute verwendete.
Gar’Thok lächelte erschöpft. Es wurde ihm immerwieder bewusst, wie vorteilhaft es war, dass er hierfür niemanden hatte töten müssen.
In Gedanken schon bei der gerösteten Hasenkeule und der bescheidenen aber herzlichen Umarmung seines Bettes, wandte er sich wieder der Tür zu. Als er gerade dabei war, diese langsam zuzuschieben und den widerspenstigen Riegel einrasten zu lassen, nahm er durch einen der kleinen Schlitze in der Tür eine schemenhafte Gestalt wahr. Sie musste sich etwa zwanzig Meter direkt vor dem Haus befinden… und sie kam näher.
Der alte Ork schloss vorsichtig die Tür und hoffte, dass die fremde Person dies nicht mitbekommen würde. Vielleicht verschwindet sie, wenn hier niemand zu sehen ist.
Das Heulen des Windes wurde schwächer. Er konnte nun das langsame, schwere Stapfen des Fremden hören. Es schien jedoch nicht so, als verspüre dieser im Gegensatz zu Gar’Thok irgendeine Art von Anstrengung an diesem entlegenen Ort bei dieser gnadenlosen Kälte. Er konnte die Gestalt nicht eindeutig erkennen, zu dicht waren die Felle und Mäntel und die Kapuze des Fremden als Schutz gegen den Eiswind zu weit ins Gesicht gezogen. Gar’Thok drückte sich vorsichtig gegen die Tür und spähte durch den Schlitz der Tür, welche plötzlich sein einziger Verbündeter war. Das letzte, schäbige Bollwerk, das zwischen ihm und dem Unerwarteten stand.
Die Schritte kamen näher und näher. Gar’Thok konnte seinen Herzschlag fühlen, wie er gegen seine Brust schlug. Seine Sinne schärften sich auf das Allernotwendigste. Die Geräusche der Natur verschwammen… er hörte seine Atmung, das Knistern in der Luft, das sonst überhörte Knarren und Knacken der Möbel…
Der Fremde hatte seine Tür erreicht. Gar’Thok spähte angestrengt durch den Schlitz. Nichts Genaues zu erkennen… dann Stand auf einmal die Person direkt vor der Tür. Er nahm den Geruch der Felle wahr. Er hörte den fremden Atem, er konnte ihn sehen… und dann… klopfte es dreimal fest gegen die Tür.
Er schrak zurück. Dann lehnte er sich mit dem Rücken gegen die Tür und schloss die Augen. Vielleicht hatte man ihn nicht gesehen? Vielleicht würde der Fremde wieder weggehen, wenn es hier nichts und niemanden gab. Er versuchte seine Atmung zu regulieren und sich so leise wie möglich zu verhalten. Ihm zog der Geruch der Hasen in die Nase und er malte sich aus, wie er eine kämpferische Auseinandersetzung bestreiten wolle.
Und wieder klopfte es dreimal. Diesmal stärker, dringlicher… er spürte die Vibrationen am Rücken und drückte sich noch fester gegen die Tür.
Gar’Thok kämpfte gegen die Kälte, die in seinen Knochen steckte an. Der Tag war lang und anstrengend gewesen, seit drei Tagen war es kaum möglich, irgendetwas zu fangen. Er blickte zu seinen Füßen. Am unteren Türspalt drang das letzte, dämmernde Tageslicht herein und der Schatten des Fremden schien sich am Boden entlangzuziehen. Er würde nicht weggehen. Der alte Ork malte sich verschiedene Szenarien aus. Er hatte seit Jahren niemanden mehr gesehen und war ohnehin schon immer misstrauisch gewesen. Was sollte ein Fremder ihm hier schon Böses wollen? Vermutlich war es doch nur wieder mal so eine Situation, in die er sich gedanklich so hineingesteigert hatte, dass er den guten Willen vieler Leute als Einbruch in seine Sphäre wahrnahm. Aber nur so, dachte der Ork, war er immerhin so alt geworden.
Er lockerte den Griff seines Messers und atmete tief aus.
Wieder klopfte es dreimal gegen die Tür, sodass etwas Schnee, der sich am oberen Türrand abgelagert hatte, herunterrieselte. Gar’Thok entschloss sich der Situation offen zu begegnen. Er würde den Fremden abwimmeln müssen.
„Wer ist da, zum Donnerwetter?“ Polterte er mit der tiefsten und stärksten Stimme los, die ihm seine alten Lungen noch zu geben vermochten. Dann hörte er, wie sich draußen etwas tat: Das Licht, das durch den unteren Türspalt in die Hütte drang leuchtete hell auf. Gar’Thok hörte ein Knistern….
Plötzlich hörte er, wie etwas die Luft durchschnitt … und einen marerschütternden Schrei… einer Frau?!
Die Tür zerbarst und der alte Ork flog krachend auf den Tisch, der sofort zusammenbrach. Vor ihm verschwommen die Umrisse des Raumes. Alles drehte sich und entwandt sich seinem Versuch, wieder Ordnung in das Bild zu bringen. Er lag keuchend auf dem Bauch. Er hörte dumpf in der Ferne, wie die Frau hinter ihm über die zerbrochene Tür stieg und ihre Schritte langsam auf ihn zukamen. Er musste seine ganze Kraft aufbringen, um sich wieder auf den Rücken zu drehen. Er tastete nach seinem Jagdmesser… nichts. Er vermochte es nicht auszumachen.
Gar’Thoks Blick gewann langsam wieder an Schärfte und ächzend versuchte er wieder aufzustehen. Doch dann spürte er einen brutalen Druck auf der Brust und wurde wieder auf den Boden gepresst. Die Fremde hielt den alten Ork mit einem Fuß am Boden gedrückt. Es war eine Orkin. In ihrer rechten Hand hielt sie einen Kriegshammer, um den eine blau leuchtende Kugel kreiste. Sie atmete wütend. Er blickte zu ihr hoch und endlich konnte er aus dieser Perspektive unter ihrer Kapuze das Gesicht erkennen.
„Rashot?“ Keuchte er überrascht los. „Aber wie…“
„Sprich diesen Namen nicht aus!“ Unterbrach sie ihn sofort. Ihre Stimme bebte vor Zorn und ihr Blick allein schien ihn zu schmerzen. Sie zeigte mit dem Hammer richtend auf ihn. „Du bist Gar’Thok, den sie auch Zweischneid nennen, richtig?“ Fuhr sie fort. Ihre Brust bebte, als müsste sie ihre gesamte Wut aufbringen um diesen Namen auszusprechen. „J-ja…“ Stotterte er.
Sie musterte ihn eindringlich, wie er da lag. Wie ein Hund, der um Gnade winseln wollte und nicht wusste, wie ihm geschieht. „Dann habe ich nur eine Sache zu dir zu sagen…“ setzte sie an. „Du hast die betrogen und getötet, die dir nahe standen. Du hast es nicht verdient in den Kreis der Ahnen zu gelangen. Du nahmst mir meine Familie, mein Heim und fast mein Leben. Ich bin hier, um dir zu sagen, dass du und jene, die mit dir waren, nun den Zorn der Ahnen erfahren. Ich bin nicht länger eine der deinen, die du gekauft und geschändet hast. Ich bin hier, um deinesgleichen von dieser Welt zu tilgen. Meine neue Heimat, mein neuer Stamm, wird nicht länger tot sein, er wird leben und gedeihen, so es die Elemente wollen. Und du, Gar’Thok…“ Sie hielt einen Moment inne. „… du wirst keinen Platz neben den Ahnen einnehmen, dafür wurde gesorgt.“
Die Lippen des alten Orks zitterten. „Aber.. du kannst doch nicht einfach… lass uns doch… Rashot!“ Stammelte er los. Als die Orkin diesen Namen aus dem Mund des Alten hörte, verzog sich ihr Gesicht zu einem Ausdruck puren Hasses. Ihr Hammer fuhr auf ihn nieder.
Der alte Ork versuchte noch reflexartig eine Hand schützend über sich zu halten, doch der Kriegshammer lechzte unerbittlich. Der Schlag war so heftig und so geballt, dass er Gar’Thoks Unterarm brach und knackend auf dessen Schädel niederschmetterte. Der Ork war sofort tot.
Rashot atmete aufgebracht, sie blickte hinab auf ihr Werk.
Es wird nicht das letzte Mal gewesen sein…
Sie griff nach den erlegten Hasen und befestigte sie an ihrem Gürtel. Den Hammer behielt sie weiter in der Hand. Sie drehte sich um und stapfte in den Schnee davon. Die Reise in die östlichen Königreiche stand ihr nun bevor.
Lok'Thar Ogar!