~22.März~
Rasch wurden die Satteltaschen ihres Reitworgen, Schattenfang, gepackt. Mit ruckartigem Zurren waren sie festgeschürt und auch ihr Bogen durfte nicht fehlen. Just in diesem Moment wurde ihr ein wenig bewusst, wie lange sie ihre Lusk nicht mehr so betrachtet hatte. Waren die Ressourcen und der Aufbau einer Claneigenen Schweinezucht zu erstrangig für sie geworden? Mit einem energischen Schnaufen vertrieb sie die inneren Geister, hielt sich am dichten Nackenfell ihres Gefährtes fest und zog sich schwungvoll in den festen Sattel.
Neugierig grunzten die kleinen Schweine, was Dabu´ka da machte.
Sie wurden etwas lauter, schließlich waren die Viecher an die kleine Orcin gewöhnt und würden ihr wie ein Kampftrupp ihr folgen. Eine merkwürdige Vorstellung, mit einem Pfiff rief sie Takaja, ihre treue, weiße Wölfin zu sich. Gemeinsam trabten sie los, durch die Festungstore und klopfte mit ihrer geballten Faust, wie es bei ihnen Sitte war, den Wachen Respekt zollend noch entgegen. Keiner hielt sie auf, warum auch; schließlich war es für ihre Art normal auf kleinere Streifzüge zu gehen.
Dabu´ka ritt die kommende Route ab, wenn sie bald auf die Suche nach neuen Schweinen für die Nachkommenbeschaffung sorgen. Etwas missmutig zog die Orcin nun ihre Brauen leicht zusammen, bringt ihren Worgen zum Stehen und starrt in die Ferne voraus. Takaja hielt unmittelbar neben ihr an, blickte für weitere Anweisung zu ihrer Herrin und wartete brav ab. Da war er wieder, dieser Gedanke und dieses Mal brachte er Dabu´ka gar zum Seufzen. „Werd egh emma mit dehn Oinks in Verbindun´ gebraght, eh?“ Fragte sie weiter geradeaus und wurde letztendlich von ihrer Wölfin aus den Gedanken gerissen.
Takaja knurrte leicht vor sich hin, um die Aufmerksamkeit zu erlangen. Mit einem knappen Kopfnicken nach unten zu ihrer Seelenschwester ging es weiter; mit einem leichten Nierentritt trieb die Orcin Schattenfang weiter an und trabten nun am Rande eines feindlichen Außenpostens, am Rande der Sümpfe.
Hier waren nie viele Blauröcke ansässig, es diente wohl eher für Reisende zum Proviant aufstocken und weiter ziehen. Diese Allianzer machten keine Probleme mehr, zu nahe an der Festung allerdings mussten sie Verluste einbüßen, aber den Sumpf streitig machen, konnten sie nie. Dennoch war Dabu´ka vorsichtig und schlug einen kleinen Trampelpfad ins Gebirge ein, um kein Aufsehen zu erregen. Der schwere Worgen hatte zum Glück keine großen Probleme, doch der Regen der letzten Nächte wies eindeutig auf einen etwas erschwerten Ritt hin.
Immer wieder rutschten kleinere Brocken des Pfades ab, der Schutt war ziemlich aufgeweicht. Diesen Weg zum Rotkamm sollte der Clan wohl eher nicht nehmen, denn auch wenn die junge Orcin mit ihren beiden Tieren auf einen breiten Weg an kamen, so sah der kleinere Trampelpfad nun nicht mehr so einladend aus.
Ein ganzer Trupp hätte es sicher nicht geschafft. Kopfschüttelnd sah Dabu´ka über ihre Schulter und knurrte kehlig, keine gute Idee. Einige Augenblicke später vernahmen ihre Ohren ein merkwürdiges Geräusch.
Auch Takaja schlug an, wackelte schnuppernd mit der Nase und ihre Herrin zog nun selbst die Luft etwas schärfer durch ihre Nase hoch. Es kam von etwas höher, dort wo der Trampelpfad weiter hinauf führte. Sie legte den Kopf schief und besah sich den Weg, lebensmüde jenen mit dem Worgen weiter zu nehmen. Dabu´ka schwing sich aus den Sattel, klopfte Schattenfang an die Flanke, dass dieser sich nun ablegen konnte wo er war, in Sicherheit.
Der weißen Wölfin gefiel dies nicht so, aber sie war auch wesentlich kleiner und leichter als ein vollbepackter Großgenosse ihresgleichen. Sie folgte Dabu´ka bedingungslos, welche sich nun neugierig daran machte, behutsam einen Fellstiefel vor den anderen zu setzen. Ihr Jagdinstinkt hatte sie gepackt, vielleicht auch ein wenig die Neugier zu sehen, welchen Ursprung dieses komisch klingende Geräusch hatte. Vielleicht ein Tier, welches sie erlegen und braten könnte. Etwas schmatzend bei diesen Gedanken musste sie leise und zahnig vor sich hin kichern. Ein Vogel könnte es sein, sie liebte Federschmuck, trug sie selbst ein ledernes Band in den roten Haaren, woran verschiedene verknotet waren. Der Pfad wurde schmaler und enger, rasch musste sie in die Knie und sich kleiner machen, als von oben einige Steine hinab rutschten.
Das Geräusch wurde lauter und quietschender, als hätte ein Jungtier sich verletzt. Ähnlich klangen diese Laute aber dennoch fremd. Nach einigen weiteren Augenblicke des Aufstieges erreichte Dabu´ka einen perfekten Platz, um die Anhöhe ins Visier zu bekommen. Schweigend gab sie Takaja den Befehl in Lauerstellung zu gehen. Die kleine Orcin zückte ihren Bogen, nahm einen Pfeil aus dem Köcher und spannte diesen an ihrer Lusk an. Mit zusammengekniffenen Auge schaute sie nun zum Vorsprung, atmete ruhig und flach; als ein Schatten sie erhaschte hielt sie inne und würde gewiss kurz darauf schießen. Doch sie tat es nicht. Kopfschüttelnd legte sie erneut an, spannte die Sehne samt Pfeil und hielt die Luft an. „Dahz kann dogh nub sän …“ brummte die Grünhaut, steckte Pfeil und Bogen wieder zurück und gab Takaja ein rasches Zeichen zu folgen.
Dabu´ka erklomm den Rest des Aufstiegs, mühsam musste sie nun ein kleines Stück sogar nach oben springen, unter sich der Abgrund. Mit einem Pfeil katapultierte sie jenen als Kletter- und Hochziehhilfe an den Rand, sprang ab und hing für einen kurzen Augenblick zwischen dem schwierigen, schmalen Trampelpfad und dem Nichts. Takaja nahm Anlauf, nutzte ihre Seelenschwester als Hilfsmittel und huschte somit auf den Felssprung. Sofort wendete sie sich, biss Dabu´ka in den Wams und zog jene somit mit hinauf.
Dass dies auch hätte böse enden können stand außer Frage. Angespannt lag Dabu´ka kurz flach auf ihrer Brust atmend im Dreck, ehe ihre Wölfin schnuppernd und leise winselnd über das Gesicht schleckte. „Ihz ghoud …“ beruhigte die Luskträgerin und erhob sich dann. Kurz wurde der Staub vom Hinterteil ein wenig abgeklopft, anschließend hinunter geblickt … schön war die Aussicht nicht, eher gefährlich.
Takaja indessen hatte den tatsächlichen Ursprung des Geräusches ausgemacht und stand dem knurrend, zähne fletschend drohend und Nackenhaarsträubend gegenüber. Dabu´ka war für einen ausgewachsenen Orc etwas kleiner als der Durchschnitt, nicht so Muskelbepackt wie die Männchen ihrer Art. Sie schlürfte mit heruntergezogener, beringten Braue hinüber, ging in leicht geduckter Haltung, falls von oben ein plötzlicher Pfeilhagel auf sie prasseln sollte. Das konnte nur eine Falle sein, es musste einfach, schier undenklich, wie sonst dieses Wesen hier alleine auf der Anhöhe verweilen konnte. Dabu´ka gab ihrer Wölfin ein beruhigendes Zeichen, setzte sich neben sie und streichelte die aufgestellten Nackenhaare runter.
…