Die Geschichte vom Fuchs, Wolf und Hase
~29.Juni2017

Dabu’ka saß am Feuerschein, schnitzte aus einem toten Ast eine kleine Holzfigur, wohl ein Wolf, wie sie es so gerne mal machte, um sich von den Anstrengungen des Tages zu entspannen. Ihre eigenen Tiere lagen dabei neben sie und schliefen. Durch ein Knacken hinter sie hielt die kleine Orcin kurz inne, brummte gewohnt und blickte über ihre Schulter. Es waren Kinder, Orcwelpen des Clans, die offenbar nicht schlafen konnten, oder die sich heimlich weg schlichen, um die Sümpfe in der Nacht zu erleben.
Sie wurden von Dabu’ka mit einem Handwink zu sich an die Flamme gerufen. Hier saßen normalerweise nur der Durub mit seiner Gefährtin, der Rat, Luskträger, oder Sturmrufer, aber gewiss keine Winzlinge. An diesem Abend war aber niemand anderen mehr da und die Kleinen kuschelten sich an die Wölfe der Orcin. Sie schnitzte noch ein Gesicht der Figur und stellte sie vor sich, gut positioniert, dass sie gesehen wurde konnte. Zuvor hatte Dabu’ka wohl bereits eine andere Figur hergestellt, welche sie daneben stellte. Im Feuerschein sah es fast so aus, als würden die Tierfiguren sich bewegen und mit einer etwas geduckter Haltung begann sie den Kindern eine Geschichte zu erzählen.
Der kalte Winter hielt Einkehr und ein hungriger Fuchs lief im Walde, auf der verzweifelten Suche nach Futter. Er durchstreifte das ganze Gebiet, konnte aber nichts Fressbares finden, was er sich hätte ins Maul stecken können. So gelangte der Fuchs an einen befahrenden Weg. Immer wieder fuhren Karren an ihm vorbei, die köstlich dufteten. Aber er war so wackelig auf den Beinen, dass er nicht hinterher laufen konnte. Da überkam dem Tier ein Einfall; denn schließlich sind Füchse dafür bekannt ziemlich gewitzt zu sein. Er wusste, dass so viele köstlich duftende Karren, die in dieselbe Richtung fuhren, nur auf einen Markt schließen konnten. Vielleicht war es auch der fahrende Markt, so wie wir ihn kennen. Dort, wo jeder seine Waren anbot um Tauschgeschäfte zu machen.
Der Fuchs jedenfalls stellte sich am Wegesrand tot und wartete. Irgendjemand würde gewiss Mitleid haben und sich seiner Annehmen; und so war es schließlich auch. Ein Fischer kam so balde an die Stelle, wo das arme Tier mit ausgestreckten Beinen und heraushängender Zunge am Boden lag. Der Mann hielt inne, stoppte seine Fuhre und legte den Totgeglaubten über die Rückenlehne. Er dachte sich, dass sein Fell bestimmt ein paar Glitzermünzen einbringen würde und fuhr mit bester Laune weiter.
Es dauerte nicht lange, da war der Fischer abgelenkt, weil er sich mit seinem Reittier unterhielte. Der Fuchs nutzte die Zeit für seinen Streich und kletterte unbemerkt auf die Ladefläche, welche mit köstlichen Fischen bereitet war. Das schlaue Füchschen warf einen Fisch nach dem anderen vom Wagen, ohne bemerkt zu werden, sprang zum Schluss selbst hinunter und sah den nun warelosen Fischer verschwinden.
Nun las der Fuchs seine Beute einfach vom Boden wieder auf und stahl sich zu einer kleinen Lichtung, um diese genüsslich zu verzehren. Da kam ein Wolf daher und sah den Fuchs mit all den vielen Fischen. Auch er hatte großen Hunger und bat den Fuchs ums teilen. Das sah dieser nicht ein, da er selbst so schlau war um die Beute zu machen, er solle sich selbst Fische fangen, was der Wolf aber nicht konnte, es war schließlich Winter.
Nachdem der Fuchs sich vollgefressen hatte schlug dieser, dem noch immer hungrigem, Wolf vor, er würde ihm das Fische fangen lehren. So machten sich beide auf den Weg zum Fluss. Die dicke Eisschicht trug beide gut, aber der Wolf konnte sich noch immer nicht vorstellen, wie er nun Fische fangen sollte. Der Fuchs trabte zu einem Eisloch und gab seinem Gefährten den Rat seinen Schwanz hinein zu halten und so lange zu warten, bis einer anbeißen würde.
Gesagt, getan. Der Wolf saß eine ganze Weile an dem Fleckchen und wartete und wartete, doch nichts geschah. Füchslein hielt ihn an noch länger zu warten, bis der Schwanz schwer werden würde. Als der Wolf fror und es immer müßiger wurde sitzen zu bleiben versuchte der Wolf seinen Schwanz aus dem Eiswasser zu ziehen. Dieser war eingefroren und der arme Wolf blieb stecken.
Der Fuchs schwor Hilfe zu holen, so flitzte er los, bis er zu einer kleinen Hütte gelangte. Dort machte er so viel Lärm, dass die Menschen hinaus liefen, sich Knüppel und Mistgabel schnappten und dem Tier hinterher liefen. Am Flussrand versteckte sich der Fuchs, wartete ab bis die Menschen auf seinen Trug herein fielen und ihren Ärger an dem armen Wolf auslassen würden, da dieser ja nicht weg konnte.
Der Fuchs stahl sich wieder zurück zum Haus, fraß die Hühner, klaute auch die Eier und schlug sich gierig den Wanst voll, bis ihm übel wurde.
Noch ehe die Menschen zurückkehrten, war das Fuchslein auch schon verschwunden und ging schwerfällig dem Weg entlang. Da erblickte er den armen Wolf, der verprügelt wurde, auch sein Schwanz war vom Eisbrocken halb zerrissen, blutig und noch immer sah er hungrig aus. Der Fuchs mimte den Verletzten und humpelte mit dem Hinterlauf; jammerte gar eine Geschichte vor, die sich weitaus schlimmer anhörte, wie jenes was der Wolf ihm berichtete. Gutgläubig schlug der treue Wolf vor dem Fuchs dieses Mal zu helfen, er würde ihn auf den Rücken nach Hause tragen, da sein Bein ja so schmerzen würde.
So lag der Fuchs grinsend auf des Wolfes Rücken und konnte seine List nicht fassen. Wie dumm der Wolf doch war, ihm diese Lügenmärchen zu glauben.
Da hoppelte ein Hase daher und sah das Schauspiel. Dieser kannte den Fuchs nur zu gut und fragte dem Wolf was denn geschehen wäre. Ehrlich wie der Wolf war berichtete dieser nüchtern und als der Fuchs gefragt wurde so klagte auch er sein Leid. Der Hase zeigte Mitleid und meinte, dass es ihm Leid täte, das seine Pfote wohl gebrochen war. Der Fuchs jammerte auf dem Rücken des Wolfes weiter und hob die Vorderpfote in die Lüfte und winselte.
Dabu’ka grinste, als die Knirpse begannen ihre Wölfe zu streicheln und sich über den Fuchs zu ärgern. Eines der Jungen zeigte auf sein Bein, ein Mädchen schüttelte den Kopf, als sie auf ihre Hand deutete. Die kleine Orcin schnaufte und stellte die dritte Holzfigur, den Hasen zu den anderen beiden Tieren dazu und fügte der Geschichte einen Schluss hinzu.
Der Wolf war natürlich nicht dumm, er sah nur das Gute in dem Fuchs, bis jetzt. Er hielt an, schaute zu seinem Weggefährten hinauf und gab Kund´ dass er dachte, dass sein Hinterlauf gebrochen sei und nicht die Vorderpranke. Der Fuchs wurde ertappt, verstrickte sich in Widersprüche und mit einer buckelnden Bewegung stieß ihn der Wolf von seinem Rücken.
Füchslein war wütend und natürlich auch ängstlich. So versuchte er den großen Wolf davon zu überzeugen, der Hase sei dessen Leibspeise und kein zäher Flunkefuchs. Der Wolf wusste aber, was er dem kleinen Hasen zu verdanken hatte, so machte er sein Maul auf und wollte dem Fuchs an Kragen. Da dieser so vollgefressen war konnte er sich nicht schnell davon stehen, wurde geschnappt und mit Haut und Haar verschlungen.
Zurück blieb ein satter Wolf, dessen Magen so gefüllt war, dass er den Winter überleben konnte. Der schlaue Hase und der gutmütige Wolf verbrachten noch einige kalte Nächte zusammen, um sich gegenseitig zu wärmen, denn sie wussten; spätestens im Frühling würden auch sie wieder ehrliche Fressfeinde werden.
Begeistert über den Ausgang der Geschichte jubelten die Kleinen, bis sie von ihren zornigen Müttern aus der Festung eingeholt wurden. Schnell schnappten sie sich die Figuren, jeder wollte eines dieser Fabeltiere sein und mit einem herzlich, zahnigen Schmunzeln blieb die kleine Orcin alleine am Feuerschein zurück. Vermeidlich alleine, denn an ihrer Seite wusste sie zwei dieser ehrlichen Geschöpfe zu wissen und sie betrachtete sie gar liebevoll ihre beiden Wölfe, ehe sie zurück zur Flamme sich wendete und ihre Gedanken erneut abschweifen ließe.