von Makri » 01.05.2009, 12:55
Soweit ein normales Auge blicken konnte, erstreckte sich der Sternenteppich über die dunkle Himmelsdecke. Sowohl im Westen als auch weiter im Norden waren mehrer Hügelketten schemenhaft zu erkennen, die wie dunkle Riesen Schulter an Schulter in die Höhe ragten und den Mond bis zur Hälfte verdeckten. Jedes andere Geschöpf hätte höchstwahrscheinlich in dieser Nacht diese Jahrtausendalte Bergkette innerlich verflucht, da der Schatten den sie auf das Land unter sich warfen, so dunkel und bedrohlich wirkte als ob er aus fester Materie bestünde.
Jedoch nicht die junge Orkin deren Umhang leicht im Wind flatterte als ob er mit letzter Kraft versuchen würde von ihr fortzukommen. Unbeschwerlich schlenderte sie durch das hohe Gras, den Blick vor die Füße gerichtet. Ihr schwarzes Haar war Schulterlang und leicht vom Wind zersaust. Immer wieder musste sie ein paar der längeren Strähnen aus dem Gesicht pusten, eine Handlung die ihr inzwischen ins Blut übergegangen war und sie nur noch unterbewusst ausführte. Sie genoss besonders Nächte wie diese, eine Zeit in der sich nicht nur ihr Körper sondern auch ihre wilde Seele irgendwie freier anfühlten. Sie grinste gut gelaunt und stieg gewandt über eine junge Wintergazelle die zusammengerollt im Gras schlief. Zufrieden entblößte sie ihre kurzen Hauer. Die Nacht war ein Element in dem sie am besten existierte... und agierte.
Im Verlauf der nächsten Stunde, erreichte sie endlich den gewünschten Pfad der sie direkt an ihr Ziel führen sollte. Sie beschleunigte ihren Schritt und zog den Umhang etwas fester um die Schultern. Direkt vor ihr erhoben sich Stück für Stück die kantigen Zinnen einer Postapokalyptisch aussehenden Festung, mit kantigen Zinnen und einigen bedrohlichen Wachtürmen von denen man der Dunkelheit wegen nicht wirklich sagen konnte ob sie bemannt waren oder nicht. Rasch näherte sie sich den steinernen Treppe die nur von ein paar buschigen Fackeln beleuchtet wurde. Doch noch bevor ihr Fuß auf die erste Stufe senkte, bohrte sich ein Speer direkt vor ihr in den Boden. Solch eine direkte Warnung war schwer zu ignorieren. Die junge Orkin hielt inne und wartete ab. Am Ende der hohen Treppe wurde das mit Metall beschlagene Tor aufgestoßen und ein einziger, in schwarz-weißen Fellen gehüllter Ork, stieg zu ihr herab.
„Was willst du Rumtreiber?“ grollte er herrisch und wog eine breite Keule in seinen Händen ab. „Sprich rasch, wir haben nicht ewig Zeit!“
Wir? Die Orkin warf kurze Blicke hinter sich in die Dunkelheit. Sie lächelte wissend und schlug ihre Kapuze zurück um den Wächter direkt anzublicken.
„Oho! Na was haben wir den hier hübsches?!“ begann der Pelzträger und packte die Orkin am Kinn. Er drehte ihr Gesicht von links nach rechts als würde er das Maul eines Esels begutachten. „Bist du nicht etwas zu... jung für dieses Land hier Maka? Du solltest lieber irgendwo weiter im Süden einem Mann dienen und sich nicht in den Hügeln des Donneraxtclans herumtreiben. Nenn mir deinen Namen.“
Die junge Orkin strafte den Wächter mit einem durchdringenden Blick und verengte bedrohlich ihre Augenbrauen. „Mein Name ist Naomy. Ich bin weit gereist um diese Hügeln noch vor dem Winter zu erreichen und möchte mit eurem Häuptling sprechen. Und jetzt nimm deine Hand von meinem Gesicht weg, sonst verspreche ich dir, dass du in Zukunft dich nur noch mit der anderen Hand im Schritt kratzen wirst können...“
Das wirkte. Dem Wächter verging das Grinsen und auch seine Hand zog sich behutsam zurück.
Naomy schritt wortlos an dem Ork vorbei der keinen Versuch unternahm sie zurückhalten zu wollen und nahm zwei Stufen auf einmal. Zwei weitere mit Speeren bewaffneten Wächter warteten oben und musterten die Fremde Orkin grimmig. Einer von ihnen hob zusätzlich noch eine Fackel um den Neuankömmling besser erkennen zu können. Die tanzenden Flammen warfen geisterhafte Schatten über Naomys Gesicht. Der Fackelträger packte die Orkin am Umhang. „Hast du Waffen dabei? Wir müssen dich durchsu.... He, bleib stehen verdammt!“
Doch Naomy schälte sich ohne inne zu halten aus dem Umhang und setzte unbeirrt ihren Weg fort ohne sich umzudrehen. Das einzige was dem Ork blieb war der Umhang in seiner Hand und ein dümmlicher Gesichtsausdruck während seine Augen ihrem schlanken Körper nachglotzten. Sie hatte weder Lust noch Zeit sich mit den störrischen Wachen zu beschäftigen.
Nun da der Umhang fort war, konnte jeder ihre leichte Lederrüstung erkennen, das Kurzschwert am Rücken, die Langmesser an den Seiten, eine Würgeseil das um den Unterarm gewickelt war und mehrere kleine Wurfmesser die wie kleine Glückbringer überall herumhingen. Der Fackelträger rannte ihr hinterher und auch zwei andere Wachen die am Ende des Ganges vor ihr eine große Tür bewachten richteten die Waffen in ihre Richtung.
„Lass die Waffen fallen! Runter damit! Bleib stehen!“ ertönte es von allen Seiten. Naomy schlenderte mit einem entspannten Gesichtsausdruck unberührt weiter.
Sie war amüsiert.
Nach und nach zog sie jede ihrer Klingen und ließ sie links und rechts unbedacht zu Boden fallen. Das Brüllen der Wachen und das scheppern des fallenden Metalls erfüllten den ganzen Gang so lange bis ein Hünenhafter Ork die große Tür hinter den beiden Wachen aufriss.
„Bei allen Höllen, was ist denn hier los? Was brüllt ihr so herum ihr Halbaffen?“ schnaubte der Ogerähnliche Ork und stieß einen der Wächter wenig zimperlich gegen die Wand. „Was tut ihr Idioten hier im Gang? Herumsaufen!? Wieso ist das Haupttor offen und wer zum Teufel ist diese halbnackte Maka da? Macht das Maul auf!“
„Ich bin Naomy...“, begann die junge Orkin unbeeindruckt von dem Gebrüll des Wachkommandanten für den sie ihn hielt. Sie lächelte sogar kaum merkbar.
„Ich bin hier um mit eurem Häuptling zu sprechen.“
Der Hüne runzelte die Stirn über soviel Dreistigkeit aber Naomy hielt dem Blick gelassen stand.
Er schnalzte nachdenklich mit der Zunge und tippte mit den Finger gegen einen seiner krummen Hauer während sich die Wachen wieder zusammenrauften, um die letzten Funken Stolz noch zu bewahren, das ihnen geblieben war nach der Miserablen Vorstellung.
„Schließt das Haupttor und alle Wächter zurück auf ihre Posten“, befahl er den Männern ohne den Blick von der Fremden abzuwenden. Die zwei Wächter nickten zügig und eilten den Gang entlang zum Haupttor.
„Und du Maka“ sagte er leise und winkte sie mit dem Finger zu sich. „Komm rein und sprich dich aus. Mal sehen ob du überlebst.“