Weitere Monde später...
Müde kehrt Iokai nach Garadar zurück. In klaffenden Wunden brennt Gift - sie wird die Schamanin des Dorfes bitten, ihr ein paar Kräuterbündel auf die Verletzungen zu legen. Was ein Kampf! Keine Miene verziehend betritt sie die kleine Lehmhütte der Heilerin,legt die schwere Lusk zur Seite und hält still, während die Alte sich an den tiefen Schnitten zu schaffen macht.
Mit einem breiten Grinsen läuft noch einmal vor ihren Augen ab, was geschehen war...
Wie immer trafen sich die fünf Streiter in Orgrimmar. Sich gegenseitig zugrunzend und auf die Schultern schlagend wirft der muskelbepackte Krieger dem Goblin ihre Kampfmarken hin. Der Boden zittert unter dem Gebrüll der Orks. WAAARGH.
Das Schlachten beginnt..
Runde um Runde tobt der Kampf, die Kameraden prügeln sich durch das enge Areal und nur selten fressen sie heute den Staub des Bodens.
Erneut öffnen sich die Tore des Schergrats. Doch diesmal treffen sie auf Gegner der Horde. *grunz*
Verdammt stark sind sie, ein heftiges Handgemenge entbrennt. Iokai gibt alles und in ihrem rasenden Zorn sieht sie nur schattenhaft, wie einer nach dem anderen kampfunfähig in den Staub sinkt - Kameraden und auch Gegner.
Stille. Sie blickt sich um. Sie ist die letzte, die noch steht - nichts ist zu sehen. "Ein Schurke!" brüllt ihr der Krieger mit Schaum vor dem Maul noch zu, bevor er zu Boden geht - "sei auf der Hut, er ist verdammt gut gerüstet!"
Ogerdreck.
Einsam steht sie auf ihrer Eisfalle, umgeben vom hellen Schein des Leuchtfeuers. Sie weiss, er schleicht herum, da irgendwo.
Ngaio zuckt nervös mit der Schwanzquaste. Ihr Herz schlägt bis zum Hals, die Sekunden verrinnen wie zähes Pech.
Nichts passiert, nichts ist zu sehen.
Ihr Zorn ist abgeklungen, ihr kochendes Blut verrauscht, verdammt.
Regungslos steht sie da, die Muskeln bis zum Zerreissen gespannt, konzentriert, fast versteinert. Eine Bewegung huscht durchs Blickfeld, ihre Urinstinkte reagieren - die Reflexe haben bereits den Kampf begonnen, bis sie realisiert, was passiert. Das Gefecht ist hart. Gift entfaltet seine Wirkung in den zahlreichen tiefen Schnitten, die ihr das Gerippe beibringt - sie wird schwächer. Doch mit einem Aufbäumen ihrer letzten Kraft ringt sie den Klingenkämpfer nieder.
Zufrieden grunzend spuckt sie Blut auf den sandigen Boden und hilft den Kameraden auf die Beine. Stolz und Jubel glänzen in den Augen der Männer. Sieg. WAAAARGH!
Da verdunkelt ein Schatten den Eingang der kleinen Lehmhütte, die die Heilerin bewohnt.
Iokai hebt den Kopf, ihr Blick fällt auf einen stattlichen Ork, den etliche eintätowierte Stammeszeichen als einen Durub kennzeichnen.
Donnernd läßt sie zum Gruß die geballte Faust gegen ihr Schlüsselbein krachen und neigt den Kopf.
Es ist UruK, ein Ork von großem Mut und gewaltiger Kraft. Sie vertraut ihm blind seit den viele Malen, bei denen sie an seiner Seite durch Blut und Knochen watete. Der kampfgestählte Ork, normal die Ruhe selbst, wirkt heute seltsam aufgeregt.
Er überhört ihre Bitte, sich zu setzen und stößt grunzend hervor: "Es gibt Nachricht von Deiner Sippe!"
[Urog, Du Schelm
]
Das Herz der Orkin zuckt zusammen, ungläubig weiten sich ihre Pupillen. Mit einem Satz springt sie auf die Beine und starrt Uruk fragend an. In unzusammenhängenden Sätzen berichtet er ihr von der Erscheinung eines schamanischen Geistes. Dieser habe zu ihm gesprochen in Iokais orkischem Dialekt, an der er, UruK, sich endlich gewöhnt hat.
Einen Namen habe er ihm genannt..Urog'ash Vorg'hai.
Fassungslos starrt Iokai dem Krieger ins zernarbte Gesicht. Ihr Herz pocht, Gedanken rasen wie feuerfackeln durch ihren Kopf. Mit Müh
und Not besinnt sie sich und wendet ihren Blick dem Kämpfer zu.
"Throm, UruK! Iokai dankt Dir für das Überbringen dieser verwirrenden Botschaft. Ehre und Stärke den Klans!"
Der Krieger nickt ihr noch einmal zu und wendet sich zum Gehen.
Lange blickt sie ihm hinterher.
Langsam wieder durchatmend kleidet sie sich in einfaches Leder und legt die Waffen ab. Nur die Älteste kann ihr jetzt helfen.
In eine Schale aus geflochtenem Bast legt sie einige geräucherte Fische aus dem nahen See sowie getrocknete Beeren. Tief gebeugt betritt sie kurz darauf barfuß die Hütte der Hüterin. Eine Handbewegung lädt sie zum Verweilen ein - ehrfürchtig und behutsam stellt sie die Schale zu Füßen der Uralten. Ein Nicken gibt ihr die Erlaubnis, zu sprechen. In wenigen Worten berichtet sie die Vorfälle. Lange, sehr lange herrscht Stille.
Wie von weither flüstert die krächzende Stimme nach einer Zeit, die wie Ewigkeit scheint: Geh in die Berge. Geh ohne Waffen. Geh alleine. Verweile dort viele Tage und Nächte. Wenn die Geister Dir gnädig sind, wirst Du mehr erfahren und Dich erinnern. Dann kehre zurück.
Schweigend lauscht Iokai der Botschaft und dankt mit einem Zeichen.
Langsam setzt sie einen Schritt vor den anderen und vertraut dem Stallmeister ihre Tiere an.
Ihr Bündel ist rasch gepackt - ein Wolfsfell, ein Wasserschlauch, etwas gedörrtes Fleisch, eine Nachricht an die Orks.
Am lodernden Feuer in der Dorfmitte macht sie Halt. Taucht ihre Finger in die Asche, malt Zeichen in ihr Gesicht und fleht die Geister um Beistand an. Sich erhebend verlässt sie immer noch barfuß in rhythmischem Schritt das Dorf.
Am Ahnengrund wendet sie ihre Schritte in die Berge. Geröll massiert ihre Fußsohlen. Höher, immer höher steigt sie hinauf, bis nichts mehr ist zwischen ihr und dem Firmament.